Awareness auf dem People’s Summit 2024
Wir wollen, dass sich möglichst alle Menschen auf unserer Konferenz wohlfühlen können. Ein achtsamer, respektvoller und solidarischer Umgang miteinander ist uns wichtig. Es ist leider keine Selbstverständlichkeit, dass uns dieser Umgang immer gelingt. Wir alle sind von der Welt, die uns umgibt, geprägt. Das heißt, auch von ihren schlechten Seiten: Diskriminierung, Unterdrückung, Herrschaft, Ungleichheiten, … Unsere Prägungen sind dabei sehr unterschiedlich und stark davon abhängig, wie wir uns in dieser Welt bewegen (können).
Wir haben einen Awareness-Konsens für die Konferenz formuliert. Das bedeutet, dass wir uns bereits vor der Konferenz darauf verständigen, wie wir miteinander umgehen wollen und auch was wir tun (können), wenn uns das einmal nicht gelingt. Die Konferenz selbst wird von einem Awareness-Team begleitet, über dessen Rolle ihr auch mehr im folgenden Konsens erfahren werdet.
Bei Fragen, Anmerkungen und Kritik zu unserem Awareness-Konsens und -Konzept , erreicht ihr uns unter: peoplessummit@systemli.org
Awareness als gemeinsame Verantwortung & Umgang mit Unterschieden
Der People’s Summit möchte einen kollektiven Raum für Diskussion, Vernetzung und Alternativen schaffen. „To be aware“ kommt aus dem Englischen und bedeutet, sich bewusst sein, sich informieren, für gewisse Problematiken sensibilisiert sein. Wir verstehen Awareness als herrschaftskritische Praxis und gemeinsame Verantwortung, sich gegen Diskriminierung und grenzverletzendes Verhalten zu stellen und Betroffene zu unterstützen.
Wir alle sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, die durch Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse geprägt ist. Gewalt und Diskriminierung findet dabei auf vielen Ebenen statt. Wir haben strukturelle und institutionelle Gewalt (bspw. in Form gesellschaftlicher Normen, Zuschreibungen und Zuordnung zu bestimmten gesellschaftlichen Bereichen) verinnerlicht und wiederholen diese auch in unserem Handeln und in Beziehungen.
Wir alle kommen mit unseren individuellen Vorerfahrungen, Betroffenheiten und Wissen zu Diskriminierung in diese Konferenz. All das ist nicht immer von außen sichtbar. Es ist wichtig, dass wir uns unsere eigenen gesellschaftlichen Positionierungen bewusst machen und rücksichtsvoll mit anderen Teilnehmenden umgehen.
Wir kommen aus unterschiedlichen Bewegungen, Städten, Räumen und mit unterschiedlichen Zugängen und Schwerpunkten zusammen. Wir wollen einen Raum schaffen, in dem sich Menschen trauen, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu sagen. Es soll aber auch möglich sein, seine Meinung zu ändern oder aneinander Kritik zu üben.
Auf dem People’s Summit wollen wir offen, gemeinsam und konstruktiv mit Kritik an sexistischen, rassistischen, antisemitischen, homo-, trans- und queerfeindlichen, ableistischen oder vergleichbaren Aussagen und Verhaltensweisen – besonders auch in unserem nähesten Umfeld – umgehen. Awareness als gemeinsame Verantwortung ist Aufgabe aller Konferenzteilnehmer*innen.
Bedachtes Redeverhalten
Eine angenehme und sichere Gesprächsatmosphäre bedeutet, dass sich möglichst viele Menschen dazu ermutigt fühlen, zu sprechen. Wir rufen daher dazu auf, das eigene Redeverhalten in Gruppendiskussionen zu beobachten und zu hinterfragen: Je nachdem, wie wir sprechen, kann es passieren, dass sich andere Teilnehmende unwohl fühlen oder bestimmte Perspektiven aus der Diskussion ausgeschlossen werden. Zu sogenanntem „dominanten Redeverhalten“ zählen u.a.:
· lange, selbstgefällige Monologe,
· das (wiederholte) Unterbrechen anderer,
· Zwischenkommentare,
· diskriminierende Sprache sowie
· dominante Kommunikationsmuster, die andere nicht direkt verbal angreifen, aber trotzdem die eigene (privilegierte) Stellung in einer Diskussion absichern. Das kann zum Beispiel die (teilweise unbewusste) Raumeinnahme von cis Männern sein, die andere (insbesondere Frauen, Lesben, inter und trans Personen, aber auch anderweitig marginalisierte Personen) belehren, deren Kritik ignorieren und Beiträge von ihnen für weniger wichtig halten.
Helft mit, einen guten Umgang miteinander zu unterstützen und umzusetzen!
Antirassismus auf dem People’s Summit against EGC
(dieser Absatz richtet sich vor allem an weiße Personen)
In dieser sehr weißen Klimagerechtigkeits- und Anti-Gas-Bewegung in Österreich wollen wir Teilnehmende des Summits dazu auffordern und bestärken sich mit den Hintergründen von kultureller Aneignung (z.B. white locks), Othering, Tokenism, white supremacy und white fragility zu beschäftigen. Die Gegenkonferenz ist ein Raum, in dem wir uns gegenseitig ermutigen wollen, weiße Deutungshoheit abzugeben, ohne dabei die Verantwortung für antirassistische Praxis an Betroffene weiterzugeben. Broschüren und Texte zu den Themen werden bei der Konferenz ausgelegt sein. Wir möchten hier auch ein paar nützliche Links zur Verfügung stellen, um sich in dem Thema einzufinden und einen ersten Überblick zu bekommen:
Literaturliste Antirassismus (de)
Artikel:
Noa Ha:
„Kulturelle Aneignung und koloniale Gewalt“
Mädchenmannschaft:
„Schwarze Widerstandssymbole auf weißen Köpfen“
„Die Politik Schwarzer Haare“
Bücher, Podcasts und Broschüren:
Alice Hasters:
„Was weiße Menschen über Rassismus nicht hören wollen, aber wissen sollten“
(Kapitel „Ich wäre auch gerne Schwarz“ S.80-93)
oder als
Podcast
Tupoka Ogette:
„EXIT RACISM (rassismuskritisch denken lernen)“
oder als
Podcast
Ende Gelände:
Faltblatt Antirassismus
Außerdem:
Offener Brief von BPoCs an das Klimacamp und andere
Ende Gelände:
Materialsammlung
Antirassistische Infomail:
#1: Allgemeines
#2: Tokenism
#3: Kulturelle Aneignung – Schwerpunkt weiße Locks
Auf der Suche nach Dialogräumen: Anmerkungen zum Krieg in Israel und Palästina
Am People’s Summit against EGC gibt es keinen Platz für Rassismus, Antisemitismus oder jede anderweitige Diskriminierung, gerade auch im Kontext des Krieges in Gaza. Leider kommt es in linken Räumen vermehrt zu solchen Übergriffen.
Eine Konferenz wie der People’s Summit ist nicht der Ort, wo komplexe politische Fragen letztgültig ausdiskutiert werden können. Aber es ist der Ort, wo wir gemeinsam Schritte der Verständigung machen können. Dazu müssen wir uns inhaltlich nicht in allem einig sein. Unser Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, der der Polarisierung innerhalb der ‚transnationalen Linken‘ entgegenwirkt und Betroffenheiten respektiert. Wir wollen eine Offenheit für unterschiedliche Positionen pflegen.
Einige Punkte stehen für uns jedoch nicht zur Diskussion: Wir verurteilen die Kriegsführung und entmenschlichende Rhetorik der autoritären Regierung in Israel, welche zu über 30.000 Toten in Gaza geführt hat und die aktuelle Not der Zivilbevölkerung weiter vertieft. Eine Legitimation oder Relativierung dessen hat auf dem People’s Summit daher keinen Platz. Gleichzeitig haben unserer Ansicht nach solidarisierende Bezugnahmen auf die Hamas, die Relativierung des Massakers vom 7. Oktober sowie jegliche antisemitische Äußerungen in linken Räumen und somit auch auf unserer Konferenz ebenso keinen Platz. Als Organisationsteam stehen wir auf der Seite der Menschen und der Zivilbevölkerung und stellen uns gegen die Entmenschlichung. Mit Blick auf Israel und Palästina schließen wir uns den Forderungen nach einem Ende des Krieges und der Freilassung aller Geiseln an.
Wir sind Aktivist*innen, Genoss*innen und Freund*innen, die unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Wir sind geprägt von den Kontexten der Länder, in denen wir aufgewachsen sind und in denen wir leben, von deren Geschichte und Involviertheit. Es ist deswegen auch nachvollziehbar, dass wir in manchen Fragen unterschiedliche Positionen vertreten. Über unsere Prägungen und Hintergründe hinaus sollten wir die Bereitschaft zeigen, einander zuzuhören und aufeinander zu achten. Das bedeutet für uns, sich Themen fragend zu widmen und Grenzen, die kommuniziert werden, zu respektieren.
Die Konferenz findet in Wien statt; der historische österreichische Kontext ist einer der zentralen Täterschaft bei der Vernichtung jüdischen Lebens unter nationalsozialistischer Herrschaft. Auch gegenwärtig findet Hass gegen Juden und Jüdinnen in Österreich Ausdruck: Antisemitische Vorfälle haben im Jahr 2023 ein Rekordhoch erreicht. Ähnlich viele Fälle von antimuslimischem Rassismus wurden 2022 in Österreich verzeichnet. Sich die eigenen politischen Kontexte und jene, in denen wir uns bewegen, zu vergegenwärtigen, halten wir für zentral, um miteinander in Austausch kommen zu können.
Einen solchen Austausch soll auch die Dialogveranstaltung „Über Israel und Palästina reden: Gegen die Polarisierung nach dem 7. Oktober“ Sonntagvormittag ermöglichen. Mit ihr wollen wir aktiv zu einer Verständigung beitragen. Lasst uns gemeinsam emanzipatorische Lösungen jenseits von Hass und Gewalt suchen und diskutieren!
Die Rolle des Awareness-Teams
Auf einen achtsamen, respektvollen und solidarischen Umgang miteinander zu achten, ist Aufgabe von uns allen. Und wir wollen uns gegenseitig kritisch darauf hinweisen, wenn uns das nicht gelingt. Es kann aber auch zu Situationen kommen, wo das nicht ausreicht bzw. Menschen Unterstützung brauchen. Auch Grenzverletzungen, Übergriffe oder diskriminierendes Verhalten sind auf der Konferenz als offenen Ort nicht auszuschließen. Das Awareness-Team ist in diesen Fällen als parteiische und vertrauliche Unterstützungsstruktur für euch da. Ihr könnt euch jederzeit an das Awareness-Team wenden, wenn euch etwas zu viel ist oder belastet.
Wenn es zu Situationen kommt, die nicht direkt und gemeinsam gelöst werden können, oder ihr euch aus anderen Gründen unwohl fühlt, holt euch Support! Ihr könnt das Awareness-Team an rosa-lila Warnwesten erkennen und unter +43 6776 19 31 777 erreichen. Einen Rückzugsraum findet ihr ihm Atelierhaus (Lehárgasse 8) im 1. Stock.
Vertraulich, parteilich, betroffenenorientiert
Das Awareness-Team arbeitet vertraulich, parteilich und betroffenenorientiert. Vertraulich bedeutet, dass nichts von dem, was ihr erzählt, an andere weitergegeben wird, außer ihr möchtet das. Alles Gesagte bleibt unter dem Team und euch. Auch die Information, dass ihr beim Awareness-Team Unterstützung gesucht habt, wird nicht weitergegeben. Parteilich heißt, dass eure Wahrnehmung und Bedürfnisse ernstgenommen werden, und das Awareness-Team zu 100 % an eurer Seite steht. Betroffenenorientiert bedeutet, dass es nur um euch und eure Bedürfnisse in der Situation geht. Was brauchst du jetzt in dem Moment? Wie kann das Awareness-Team dir am besten helfen? Das kann von „nur zuhören“ bis zur Unterstützung in für dich schwierigen oder verletzenden Situationen reichen.
Anstatt uns vordergründig mit Konsequenzen für die gewaltausübenden/übergriffigen Person zu beschäftigen, legt das Awareness-Team den Fokus auf die die Bedürfnisse der Personen, die sich an das Team wenden, um ihnen die weitere Teilnahme am Summit gut zu ermöglichen. Das kann letztlich jedoch auch den Ausschluss der gewaltausübenden/übergriffigen Person als Konsequenz bedeuten, da wir sicherstellen möchten, dass Betroffene nicht verdrängt werden.
Grenzen des Awareness-Teams
An dieser Stellen wollen wir drauf hinweisen, dass das Awareness-Team in Bezug auf Diskriminierungsverhältnisse nicht immer eigene Betroffenheit, Erfahrungen oder Kenntnisse mitbringt. Das kann gut und weniger gut zugleich sein. Einerseits gut, sofern dadurch Menschen, die selbst von den jeweiligen Diskriminierungsverhältnissen betroffen sind, dabei entlastet werden, Unterstützungsarbeit leisten zu müssen. Andererseits weniger gut, wenn sich Betroffene durch die Unkenntnis der Ansprechperson nicht wohl- oder ausreichend verstanden fühlen. Wir sehen das Bedürfnis, wenn Betroffene bevorzugen, mit Menschen zu sprechen, die ihre Erfahrungen teilen. Als Betroffene*r könnt ihr das bei der jeweiligen Person vom Awareness-Team direkt ansprechen, wir werden uns nach Möglichkeiten um eine andere Ansprechperson bemühen.
Auch Personen aus dem Awareness-Team haben ihre (emotionalen, psychischen) Grenzen. Auch sind sie keine Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen, o.Ä., sondern ein Team aus ehrenamtlich Engagierten. Wenn sie euch nicht unterstützen können, leiten sie euch an Expert*innen weiter. Das Awareness-Team ist nicht zuständig für die Zurechtweisung von problematischem Redeverhalten, für politische Aushandlungsprozesse, Moderation oder psychotherapeutische Interventionen. Das Awareness-Team soll weder als Kontrollinstanz oder Sicherheitsdienst noch als Expert*innenorgan verstanden werden.
Auf der Konferenz selbst wird es eine Feedback-Box am Infopoint für Feedback und Kritik an den Inhalten, der Vorgehensweise oder anderen Punkten geben. Das Konferenzteam wird aber auch bemüht sein, für Kritik persönlich ansprechbar zu sein. Über E-Mail sind wir sowohl vor, als auch nach der Konferenz erreichbar: peoplessummit@systemli.org